EU-Afrika Beziehungen im Spannungsfeld von Migration, Entwicklung und Sicherheit

Innovative Lehrveranstaltung von acht Universitäten analysiert das Spannungsfeld in einem standortübergreifenden E-Learning-Format

Afrika und Europa haben lange und vielfältige Beziehungen. Diese ändern sich aktuell im Rahmen der sogenannten „Flüchtlingskrise“. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten nehmen Entwicklungsdefizite oder Terrorismus in Afrika nun vor allem als Migrationsanlässe wahr. Hier verweben sich verschiedene Politikfelder zu einem "security-development-migration nexus": Europäische Entwicklungspolitik ist durch sicherheitspolitische Überlegungen und Migrationsbewegungen geprägt. Was bedeutet dies für die Staaten Afrikas? Und was für Europa?

Diese aktuellen Fragen stehen im Mittelpunkt einer außergewöhnlichen Lehrveranstaltung von acht großen deutschen Universitäten im Sommersemester 2018. Die Lehrenden der Politikwissenschaft und ihre Studierenden arbeiten jede Woche über hunderte Kilometer hinweg zusammen: von Frankfurt bis Hamburg, von Mainz bis Magdeburg. Eine digitale Videoplattform und E-Learning-Formate ermöglichen es den Studierenden gemeinsam mit ihren Kommilitonen anderer Universitäten aktuelle theoretische und empirische Kenntnisse zu erarbeiten und zu diskutieren. Input-Vorträge von renommierten Forschenden aus Deutschland, Italien und Südafrika geben Einblicke in die aktuelle Forschung und Praxis in diesem Spannungsfeld der Afrika-Europa Beziehungen.

Das Besondere des Seminars ist dabei vor allem die direkte studentische Interaktion durch einen Video-Livestream und virtuelle Arbeitsräume. „Wir greifen die E-Literacy der Studierenden auf und nutzen sie in der universitären Lehre, die viel zu oft noch in traditionellen Methoden verhaftet ist“, sagt Tanja Brühl, Vizepräsidentin für Studium und Lehre sowie Professorin für Internationale Institutionen und Friedensprozesse an der Goethe-Universität Frankfurt. Brühl forscht unter anderem zu internationaler Umweltpolitik, Global Governance und den Vereinten Nationen. Die Friedens- und Konfliktforschung hat an der Goethe-Universität eine besondere Bedeutung. So ist sie auch beteiligt am gleichnamigen Leibniz-Institut in Frankfurt, das die Ursachen von internationalen Krisen und Konflikten untersucht und sich mit Friedensforschung und Abrüstungspolitik beschäftigt. 

Die Studierenden freuen sich insbesondere auf die universitätsübergreifenden Arbeitsgruppen. Yannik Suhre, teilnehmender Student aus Mainz: „Ein wichtiger Punkt mich für ein solches Seminarformat anzumelden, war es, dass es die Möglichkeit bietet andere Studierende von anderen Universitäten kennenzulernen.“ Auch methodisch wird das innovative Konzept des Seminars durch vielfältige Möglichkeiten wissenschaftlichen und journalistischen Arbeitens abgerundet, etwa in Form der Produktion von Zeitungsartikeln, Video- oder Radiobeiträgen. An diesem Seminar nehmen ca. 250 Studierende der Universitäten Düsseldorf, Freiburg, Frankfurt, Hamburg, Magdeburg, Mainz, Marburg, und Tübingen teil. „Die Vorbereitung war sehr arbeitsintensiv“, räumt Patricia Konrad von der Universität Hamburg ein. „Schließlich mussten wir uns auf Themen, Fragestellungen, Texte und Formate des Digitalen Lernens einigen“. Der Aufwand lohnt sich aber, ist sich Patricia Konrad sicher: Wir ermöglichen den Studierenden eine möglichst nachhaltige und perspektivenreiche Auseinandersetzung mit topaktuellen Inhalten des Seminars.“ Für einen langfristigen Erfolg des Konzepts sollen die Inhalte des Kurses zu E-Learning-Einheiten umgebaut und für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. „Digitalisierung der Lehre ist aber nicht zum Nulltarif zu haben“, mahnt Tanja Brühl. Das Projekt funktioniert nur dank einer enormen Eigenmotivation der zumeist noch in den Startlöchern der akademischen Karriere stehenden Lehrenden. 

Die Veranstaltung baut auf den Erfahrungen der beiden, sehr erfolgreichen, Kooperationsprojekte "Terrormiliz IS/Daesh: Verstehen, Einordnen und Bewerten – eine standortübergreifende Ringvorlesung" im Sommersemester 2016 sowie "Gefährdung des Friedens in Europa?" im Sommersemester 2017 auf und wurde etwa mit dem E-Learning-Förderpreis 2018 der Universität Freiburg, dem hein@ward 2017 der Universität Düsseldorf und dem Campus-Radio-Preis der Landesanstalt für Medien NRW ausgezeichnet. Basierend auf einer intensiven Evaluierung wird das Projekt im Sommersemester 2018 zu einem noch interaktiveren Format weiterentwickelt. Eine umfassende Evaluation des nun anstehenden Seminars folgt Ende des Semesters.

Die beteiligten Standorte bzw. die Lehrenden sind:

  • Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; Ingo Henneberg
  • Eberhard Karls Universität Tübingen; Natalie Pawlowski, Alexander Kobusch
  • Goethe Universität Frankfurt, Tanja Brühl
  • Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Witold Mucha
  • Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Friedrich Plank
  • Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Tina Rosner
  • Philipps-Universität Marburg, Kerstin Zimmer
  • Universität Hamburg, Patricia Konrad

Die Lehrveranstaltung findet in Kooperation mit folgenden Institutionen statt:

  • Brot für die Welt
  • Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
  • Istituto Affari Internazionali (IAI), Italien
  • Universität Duisburg-Essen
  • German Institute of Global and Area Studies (GIGA)
  • University of Pretoria, Südafrika

Informationen: Friedrich Plank, M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Tel.: 06131-39-20030, E-Mail: friedrich.plank@politik.uni-mainz.de

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